Segelfliegen im Winter

„Im Winter muss man nicht komplett auf‘s Segelfliegen verzichten, aber man muss sich warm anziehen!“ – Der Herrenberger Pilot Chris Hiller berichtet von seinen Flügen in der Wintersaison.

Welle

Natürlich sind im Winter Wetterlagen, in welchen man als Segelflieger überhaupt längere Flüge durchführen kann, nur sehr selten. Ohnehin ist es wegen der oft fehlenden Sonneneinstrahlung schwierig durch Thermik in der Luft zu bleiben. Deshalb werden vorrangig zwei andere Möglichkeiten genutzt um die nötige Energie für den motorlosen Flug zu gewinnen. Zum einen gibt es dafür den sogenannten Hangwind. Dieser entsteht, wenn der Wind gegen einen Berg oder eine Bergkette bläst und dabei aufsteigen muss. Darin kann sich das Segelflugzeug stundenlang in der Luft halten. Eine prädestinierte Stelle für diese Art von Flügen ist unter anderem die Bergstraße zwischen Heidelberg und Darmstadt. Das zweite Phänomen entsteht ebenfalls bei stärkerem Wind hinter einer überströmten stehenden Bergkette. Dabei kann sich die Luft aufschwingen, so dass die Stromlinien eine Auf- und Abwärtsbewegung machen. Diese Schwingung lässt sich auch in Bachläufen an der Wasseroberfläche beobachten und ist bis in große Höhen sehr ausgeprägt. Anders als beim Hangflug, welcher sich immer recht bodennah bis ca. maximal tausend Meter über Grund abspielt, kann man beim Wellenflug Höhen von dreitausend bis siebentausend Meter erreichen. Solche Flüge können ebenfalls im Rheintal an der Odenwald- bzw. Pfälzerwald-Kante oder auch im Schwarzwald durchgeführt werden. Ich selbst konnte in diesem und den letzten Jahren einige hundert Kilometer in der Schwarzwald- und Pfälzerwald-Welle zurücklegen.

Die Vorbereitung auf solche Flüge ist sehr umfangreich. Begonnen mit der nahezu täglichen Beobachtung der Wettervorhersage für Wind, Niederschlag und Wellenmodelle über die lange Anfahrt auf die Flugplätze im Rheintal oder Schwarzwald bis hin zur Sonderausrüstung wie z.B. Schlafsackschuhe gegen die Kälte und Sauerstoffanlage für Höhenflüge über 3000 Meter, ist die Vorbereitungszeit oft größer als die eigentliche Flugzeit von vier bis sieben Stunden. Dennoch lohnt sich der verhältnismäßig große Aufwand für ein unvergessliches Erlebnis. Gerade die Wellenflüge, bei welchen man in sehr große Höhen sogar über die Wolken gelangt, sind ein einmaliges Erlebnis und wirken in den kalten Wintermonaten fast schon übernatürlich.

Ein typischer Flugtag beginnt für mich im Winter schon um 4:00 Uhr morgens damit ich rechtzeitig zum Sonnenaufgang mit dem Flugzeug auf dem Startflugplatz abflugbereit bin. Das klingt jetzt schon ziemlich verrückt, aber um weite Strecken zurück zu legen muss man bedenken, dass der Tag doch relativ kurz ist. Mit den ersten Sonnenstrahlen geht es dann in die Luft. Ich vertraue zu diesem Zeitpunkt voll auf die Wettermodelle und auf die Optik der Wolken, sofern sie vorhanden sind. Gerade bei Wellen ist die Vorhersage jedoch von so vielen Faktoren abhängig, dass die Modelle noch recht ungenau sind. Daher ist es immer sehr spannend bis man dann im Steigen sicher sagen kann, dass sie steht. In der Welle ist es dann sehr angenehm ruhig. Obwohl Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h herrschen fühlt es sich an als würde das Flugzeug auf dem Boden stehen. Kein Ruckeln und kein Schütteln stören das Flugerlebnis, da die Luft in der Höhe überall gleich laminar strömt. Gegen Ende des Tages muss man oft aufpassen, den Abstieg und die Landung rechtzeitig zu beginnen. Gerne wird wegen der unbeschreiblichen Eindrücke die Zeit vergessen. In der Höhe scheint die Sonne jedoch noch deutlich länger als am Boden und die Zeit für den Abstieg wird schnell unterschätzt, da man selten so hoch fliegt. Am Ende des Tages landet jeder Pilot zwar etwas durchgefroren, jedoch mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, weil jeder Wellenflug etwas ganz Besonderes ist.

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Termine

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